Einige Erläuterungen zu Belohnung und Bestrafung

Es gibt jeweils zwei Formen der Belohnung und der Bestrafung – nicht mehr und nicht weniger!

Belohnung baut jedes Verhalten auf, das belohnt wird.
Das heißt im ungünstigen Fall kann auch negatives Verhalten aufgebaut werden.
Belohnung kann sein, dass etwas Angenehmes eintritt:

  • ein Lächeln der Eltern oder anderer Menschen,
  • positive, körperliche Zuwendung,
  • der stolze Bericht der Eltern … über den erzielten Erfolg des Kindes/Jugendlichen …,
  • die lang ersehnte Zeitschrift/ Schokolade/ Taschengelderhöhung,
    • diese Belohnungen sind bitte mit Vorsicht zu genießen, denn sie können leicht ungenießbar, weil auf Dauer zu teuer, werden,
  • gemeinsame Unternehmungen, Spiele, gemeinsam verbrachte Zeit,
  • Ihrer Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Belohnung kann auch sein, dass etwas Unangenehmes wegfällt:

  • das ärgerliche Gesicht wird mild und freundlich,
  • das Fernsehverbot wird aufgehoben,
  • das Schimpfen hört auf,
  • weil ein Kind beim Hausaufgaben machen sehr starke Machtkämpfe macht, bricht die Mutter die Hausaufgaben ab,
  • die unangenehme Situation der Erledigung der Hausaufgaben fällt weg – gelernt wird: „Ich brauche nur lange genug Theater zu machen, dann brauche ich diese Aufgaben nicht mehr erledigen.“,
  • auch hier gibt es noch viele weitere Möglichkeiten.

Eine andere Perspektive zur Aufmerksamkeit – als Belohnungsaspekt

Jeder Mensch – und besonders Kinder – tun alles um Aufmerksamkeit (Anerkennung/Beachtung) zu bekommen.

Beispiel:

  • Ein Kind bekommt Aufmerksamkeit, wenn es eine Aufgabe gut erledigt, sich anstrengt → es wird beim nächsten Mal wieder gut arbeiten.
  • Ein Kind bekommt Aufmerksamkeit, wenn es die Mutter beim Telefonieren stört → es wird beim nächsten Mal wieder stören.

In diesen Beispielen bin ich vom gedachten Idealzustand ausgegangen, dass noch keine anderen Erfahrungen gemacht wurden. Bereits gemachte Erfahrungen beeinflussen das Verhalten natürlich, so dass es auch bei positiver Steuerung erst noch einige Zeit ungünstig sein kann.


Bestrafung baut jedes Verhalten ab, das bestraft wird. Das heißt im ungünstigen Fall kann auch positives Verhalten abgebaut werden. Bestrafung kann sein, dass etwas Unangenehmes eintritt:

  • Fernsehverbot;
  • der Eltern sind enttäuscht – ernste oder ärgerliche Gesichter,
  • Bezugspersonen wenden sich körperlich ab,
  • Schimpfen und Androhung von Strafe,
  • Taschengeldkürzung oder –streichung,
  • für nicht gelernt haben wird eine schlechte Note eingetragen,
  • usw.

Bestrafung kann auch sein, dass etwas Angenehmes wegfällt:

  • kein Lächeln der Eltern oder anderer Menschen mehr,
  • keine lang ersehnte Zeitschrift/ Schokolade …,
  • gemeinsame Unternehmungen, Spiele, gemeinsam verbrachte Zeiten werden gestrichen,
  • Ihrer Phantasie sind auch hier keine Grenzen gesetzt.

Ein Beispiel für ungünstige Wirkung von Bestrafung:
Das Kind hat ein Problem mit der Aussprache der S-Laute und leichtem Stottern. Wenn es auf dem Spielplatz tobt schaut der Vater zufrieden zu, lächelt und bestärkt sein Kind sich noch an der Kletterwand auszuprobieren.
Als das Kind seine Erfahrungen dann zu Hause der Mama berichten will, was es alles gemacht hat, werden die Gesichter der Eltern sorgenvoll und das Kind wird ermahnt sich beim Sprechen mehr Mühe zu geben.
Hier kann die Folge sein, dass das Kind immer weniger spricht und ihm somit die für eine gute Sprachentwicklung nötige Übung fehlen wird.

Noch einen Satz zu den materiellen Belohnungen. Natürlich sind sie eine Möglichkeit, die hin und wieder eingesetzt oder entzogen werden kann. Nichts reicht jedoch an die positive Wirkung von persönlicher Zuwendung heran.
Beziehung nutzt sich nie ab, ganz im Gegenteil zu materiellen Anreizen.


Als letzten Punkt in diesem Zusammenhang möchte ich auf den richtigen Zeitpunkt zu sprechen kommen.
Wir nehmen Informationen jeder Art zum Teil bewusst wahr und zum Teil unbewusst.
Nun ist es interessanter Weise so, dass der Bereich der unbewussten Wahrnehmung 90% der gesamten Wahrnehmung ausmacht („Positiv lernen“ Jansen und Streit / Seite 34).
Diese unbewusste Wahrnehmung ist zusätzlich auch noch sehr, sehr schnell. Eine Sekunde reicht uns, um unbewusst wahrzunehmen, wie unser Gegenüber uns und die Situation gerade einschätzt und was er davon hält.
Oft reagieren wir sogar noch in dieser Sekunde, erneut unbewusst, auf die Reaktion unseres Gegenübers.
Diese eine Sekunde wird auch Sekundenfenster genannt.

Bitte nehmen Sie sich einen Moment Zeit das gerade Gelesene zu überdenken.

Es bedeutet, dass der allergrößte Teil unserer Wahrnehmungen und Reaktionen unbewusst ablaufen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet bekommen Belohnung und Bestrafung noch eine andere Bedeutung – viel stärker als alle Worte wirken die direkt über die persönliche Beziehung gegebenen Belohnungen und Bestrafungen.
Im Umgang mit Menschen, denen wir Unterstützung bei ihren Schwierigkeiten geben möchten, müssen wir uns diese Tatsache bewusst machen, um zu verhindern, dass wir unbewusst ungünstige Signale versenden.
Dies ist mit Videoarbeit gut möglich.

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